Leipziger
Erklärung des Kulturforums der Sozialdemokratie in
Sachsen e.V., verabschiedet auf dem Treffen der regionalen
Kulturforen in Leipzig 2004.
Kultur und Sport sind mit dem Werden und Wachsen der menschlichen
Zivilisation aufs Engste verbunden. Bereits in den Mythen
des antiken Griechenland, das 776 v. Chr. die Olympischen
Spiele begründete, sind ihre gemeinsamen Wurzeln und
kreativen Potenzen angelegt. In unserer neuzeitlichen Welt
der Globalisierung mit ihrem exzessiven Verdrängungswettbewerb,
ihren nivellierenden Tendenzen und ihren Gewaltakten sind
Kunst, Kultur und Sport mit ihrer individuelle wie gesellschaftliche
Identität stiftenden, die Eigenart der Regionen bewahrenden
und zugleich die Kommunikation zwischen den Menschen und
Völkern befördernden Funktion ein geradezu überlebensnotwendiges
Korrektiv.
Eine lebendige Demokratie ist ohne eine produktive, freie
Kunst und Kultur und einen selbstverwalteten Sport undenkbar.
Neben den für das Ansehen einer Nation unverzichtbaren
Spitzenleistungen in Kunst und Sport muss, nicht zuletzt
angesichts des sich -auch durch eine hohe Arbeitslosigkeit-
ausweitenden Freizeitrahmens, der Popularisierung und Pflege
von Soziokultur und Breitensport vor allem auch unter der
jungen Generation unser besonderes Augenmerk gelten. Angebote
in den Bereichen Kultur und Sport sind in einmaliger Weise
in der Lage, Kontakte zu befördern, Selbstverwirklichung
zuzulassen, Orientierung in der Gesellschaft zu geben und
damit in einem umfassenden Sinne integrativ zu wirken. Häufig
geben Kultur und Sport den Kommunen ihr jeweiliges Profil
- sowohl nach innen für die Bevölkerung als auch
im überregionalen Wettbewerb der Standorte.
Das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung von "starken"
Städten und Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland
hat sich auch wesentlich in der Schaffung von Lebensqualität
durch ein attraktives Angebot in den Bereichen Kultur und
Sport wiedergespiegelt. Die Angebotspalette reicht von der
Förderung der Spitzenleistungen bis zum Volkssport
und der "Kultur für alle". Dabei bieten insbesondere
Ehrenamt und freiwilliges bürgerschaftliches Engagement,
den Menschen die Möglichkeit, sich mit ihren Vorstellungen
einzubringen, ihr direktes Lebensumfeld mitzugestalten und
sich in der Auseinandersetzung mit anderen weiterzuentwickeln.
Für die Jugend ist das Hereinwachsen in die Gesellschaft
eng mit kulturellem Ausdruck sowie Bewegung und Sport verbunden,
die steigende Zahl älterer Menschen bleibt durch entsprechende
Aktivitäten am "aktuellen Geschehen" beteiligt.
Zukunftsorientierte Kommunalpolitik begreift Kultur und
Sport als Investition in die Zukunft. Kultur und Sport sind
wesentliche Elemente einer ganzheitlichen Bildung und lebenslangen
Entwicklung des Menschen. Kinder eignen sich über erste
künstlerische Versuche und sportliche Fertigkeiten
die Welt an, Jugendengagement insbesondere in den Künsten
und im Sport ist eine wichtige Phase bei der Herausbildung
des Individuums. Die Auseinandersetzung mit kulturellen
Inhalten und Kunst sowie eigenes Sporttreiben kennzeichnen
aktive Menschen in der Zivilgesellschaft und fördern
die Toleranz anderen Kulturen gegenüber.
Gestiegene Ansprüche an die Quantität und Qualität
der Angebote sowie der Ausstattung haben dazu geführt,
dass Kultur und Sport Wirtschaftsfaktoren geworden sind,
die in großer Zahl Arbeitsplätze sichern. Kommunale
Wirtschaftsförderung betrachtet Kultur und Sport nicht
nur als Standortfaktoren zur Anwerbung von Unternehmen und
Fachkräften, sondern als eigenständige Branchen
mit guten Zukunftsaussichten.
Kultur und Sport sollte mehr sein als freizeitorientierter
Erlebniskonsum. Kultur und Sport darf nicht auf rein wirtschaftliche
Gesichtspunkte reduziert werden.
Bei all dem ist es ein dringendes Erfordernis, das leider
oft latente, bisweilen sogar offene Gegeneinander zwischen
Verantwortlichen von Kultur und Sport zu beseitigen, damit
das Wirkungsvermögen der beiden Bereiche ungeschmälert
zum Tragen kommt.
Angesichts der immer evidenter werdenden Lebenswichtigkeit
von Kultur und Sport für die Gemeinschaft wie für
den einzelnen Bürger einerseits und den Sparversuchen
gerade auf diesen Feldern andererseits appellieren wir eindringlich
an die Regierenden und Parlamentarier im Bund und in den
Ländern, Kultur und Sport in den ihnen gebührenden
Rang von öffentlichen Pflichtaufgaben zu erheben. Bei
den nur begrenzt verfügbaren Haushaltsmitteln sollten
dazu ein noch stärkeres Engagement von Bürgerschaft,
Vereinen und Einzelpersönlichkeiten wie auch eine wirksamere
Beteiligung der Wirtschaft im Rahmen einer "public-private
partnership" an geeigneten Vorhaben treten. Allerdings
muss der Tendenz zur Repräsentationskultur, die schon
Züge einer Refeudalisierung in sich trägt, entgegengewirkt
werden.
Die Kommunen dürfen sich aus der grundsätzlichen
- und damit finanziellen - Verantwortung für die öffentlichen
Güter Bildung, Kultur und Sport nicht zurückziehen.
Dabei sind Bund und Länder stärker in die Pflicht
zu nehmen.
|